Georgiens Geschichte
Ein kleiner Ausflug in die Geschichte Georgiens belegt eine sehr wechselvolle Entwicklung
Georgien ist sehr altes Kulturland und war schon früh besiedelt. Im 7. Jahrhundert v.u.Z. entstanden auf dem Gebiet des heutigen Georgiens die ersten griechischen Kolonien, die vermutlich alle vom kleinasiatischen Milet aus gegründet wurden. Seit dem 6. Jahrhundert v.u.Z. lassen sich erste Staatsformen nachweisen: Iberien in Ost-Georgien mit einem starken persischen Einfluss auf Politik und Kultur und die Kolchis in West-Georgien, einem Sklavenhalterstaat am Schwarzen Meer mit griechischem Einfluss.
Später unterwarfen die Römer das Land. Bereits im Jahre 327, also zu der Zeit von Kaiser Konstantin, dem Großen, wurde das Christentum Staatsreligion. Damit gehört Georgien neben Armenien zu den ältesten christlichen Ländern. Die heilige Nino (geboren um 325 vermutlich in Kappadokien, gestorben um 361 in Ostgeorgien) wird als erste Missionarin und „Erleuchterin Georgiens“ auch heute noch sehr verehrt. Die berühmte Klostermedizin lässt sich bis zu ihr zurückverfolgen.
Auf die Römer folgten als Eroberer die Byzantiner (Oströmisches Reich) und die Perser, die den Kaukasus als Sperrgürtel gegen die Steppenvölker wie z.B. die Hunnen nutzten. Im 7. Jahrhundert gesellten sich die Araber zu den Eroberern hinzu. In der Folgezeit kam es deshalb verstärkt zu Kämpfen um die Vorherrschaft.
Weite Teile Georgiens blieben aber weiterhin von Christen besiedelt. Während der jahrhundertelangen Fremdherrschaft hat die georgisch-orthodoxe Kirche für die georgischen Menschen eine entscheidende Rolle als Trägerin und Bewahrerin ihrer nationalen Identität gespielt.
Am Ende des 10. Jahrhunderts wurde die lange Abhängigkeit von Byzantinern, Persern und Arabern abgeschüttelt und es begann für Georgien das Goldene Zeitalter. Mit der Herrschaft von Königin Tamar (1184-1213) erreichte das Land seine größte Ausdehnung, wurde stärkste Macht in Transkaukasien und entwickelte einen Höhepunkt von Kultur und Wirtschaft. Anfang des 16. Jahrhunderts eroberten die Osmanen den Kaukasus und Georgien zerfiel in kleine Königreiche und Fürstentümer, die unter osmanischem (Westgeorgien) oder persischem (Ostgeorgien) Einfluss standen.
König Erekle II (1720 bis 1798) von Kartlien-Kachetien (Ostgeorgien) versuchte die georgischen Kleinstaaten zu vereinen und mit Hilfe von europäischen Staaten Bündnisse gegen die Perser und Osmanen zu schließen. Als das nicht gelang und der militärische Druck der umliegenden Staaten zu groß wurde, stellte er sein Königreich 1783 per Vertrag in den Schutz des russischen Reiches unter Katharina der Großen. 1801 wurde Kartlien-Kachetien per Dekret des Zaren annektiert und das Königshaus entthront. Damit begann die „Eroberung“ Georgiens durch Russland. Religiös hatte diese „Eroberung“ bereits 1453 begonnen, mit dem Untergang des Byzantinischen Reiches. Die russischen Moskowiter stellten den Patriarchen der Orthodoxen Kirche, der nicht mehr in Byzanz/Konstantinopel residierte, sondern in Moskau. Und sie ernannten ihren Herrscher zum ersten Zar. Man sprach deshalb auch von Moskau als dem 3. Rom, nach Rom selbst und nach Byzanz. Bezogen auf Georgien brauchte das Zarenreich allerdings bis 1864, um die vollständige Kontrolle zu gewinnen.
Nach der russischen Oktoberrevolution erklärte sich Georgien am 26. Mai 1918 für unabhängig. Aber schon am 16. Februar 1921 wurde die Demokratische Republik Georgien von der Roten Armee besetzt und in die Sowjetunion eingegliedert. Im Verband der Sowjetunion erlebte Georgien die Industrialisierung und wurde zu einer der wichtigen Tourismus- und Urlaubsregionen des damaligen Ostblocks. Die georgische Landwirtschaft spezialisierte sich auf den Export südländischer Früchte.
Ein besonders Privileg der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik war die sog. persönliche Nebenwirtschaft. Sie erlaubte den georgischen Menschen den privaten Verkauf ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die sie in ihren Gärten anbauten und verarbeiteten. Auch in der Sowjetzeit hatten viele Georgier private Hausgärten, zwischen 0,5 und 1,5 ha groß, mit wenigen Kühen und Schweinen. Sie dienten der Selbstversorgung und dem Verkauf von Lebensmitteln auf den Märkten, bis hin nach Moskau. Ihre Produktivität war deutlich höher als die der staatlichen Betriebe und verhalf den Georgiern vergleichsweise zu einem hohen Lebensstandard. Diese Hausgärten werden bis heute gepflegt und dienen der Selbstversorgung.
Die Georgische Sozialistische Sowjetrepublik bestand fast bis zum Ende der Sowjetunion am 21.12.1991. Bereits während der späten 1980er Jahre hatte sich eine starke georgische Unabhängigkeitsbewegung entwickelt. Unter Swiad Gamsachurdia erklärte sich Georgien am 9. April 1991 erneut als unabhängig. Überall im Land kam es zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, in Abchasien und Südossetien unterstützt durch Russlands Militärpräsenz sogar zu Abspaltungsskriegen. Mit der Autonomen Republik Adscharien errichtete der autokratische Staatschef Aslan Abaschidse eine Art Staat im Staate.
Während und nach der Auflösung der Sowjetunion erlitt Georgien im Vergleich zu anderen Nachfolgestaaten einen außerordentlich schweren Wirtschaftskollaps. Im Dezember 1990 verhängte Russland eine Wirtschaftsblockade über Georgien. Bürgerkriege und Unabhängigkeitskämpfe verschärften die Krise. Die Produktion in Industrie und Landwirtschaft ging zurück.